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Rudolf Bensch (CDU)
Fraktionsvorsitzender
In der konstituierenden Sitzung des zweiten Wahlperiode des Rates am 8. Oktober 1946 gab Rudolf Bensch als Vorsitzender der CDU eine Erklärung zur Wahl des Bürgermeisters ab. Darin formulierte er seinen Unmut über unzureichende Kompromissbereitschaft der SPD aufgrund derer Ratsmehrheit. Die Erklärung ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 UrhG frei von Urheberrechten.
Meine Herren!
Bezüglich der Tagesordnung, insbesondere der Wahl eines neuen Bürgermeisters und der Wahl neuer Ausschußmitglieder, bitte ich, zum Verständnis für unser Verhalten eine Erklärung abgeben zu dürfen.
Meine Herren! Ich möchte nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß ich mit einer gewissen Besorgnis unserer künftigen Zusammenarbeit entgegensehe. Wir haben auf unserem Programm stehen, daß wir das Sachliche grundsätzlich über das Persönliche stellen, und wir haben bei den Vorbesprechungen zum Ausdruck gebracht, daß wir sogar bereit sind, das Persönliche zurückzustellen, selbst wenn wir dadurch in Gewissenkonflikte gegenüber unserer Wählerschaft geraten.
Mir war von maßgeblichen Vertretern der sozialdemokratischen Partei mitgeteilt worden, daß für zwei ausscheidende Mitglieder des neuen Ausschusses auf der einen Seite Herr Nowak und auf der anderen Seite Herr Schumacher als neue Kandidaten hereingenommen werden sollten. Wir haben daraufhin unsere Besprechungen und Vorbereitungen getroffen und erhalten nun gestern abend die Mitteilung, daß die Person des Herrn Schumacher nicht genehm sei und keine Aussicht habe, von der Mehrheit aufgestellt und ins Parlament aufgenommen zu werden. Dasselbe gelte von unserm Kandidaten Wietjes.
Meine Herren! Mehrheitsbeschlüsse sind Entscheidungen. Wenn Sie so beschlossen haben, so können wir nichts daran ändern, aber ich sehe mich doch verpflichtet, meinem ganz großen Bedauern darüber Ausdruck zu geben, daß wir auf die außerordentlich wertvolle Mitarbeit des Gemeinderats Bernhard Schumacher in Zukunft verzichten müssen. Schumacher hat in langen, langen Jahren den Beweis erbracht, daß er auf Grund seiner fleißigen und sachlichen und unbestechlichen Mitarbeit auf dem Rathaus das Vertrauen weitester Kreise der Bevölkerung genießt. Er ist in allen Ausschüssen erfahren und bewandert, und wir bedauern sein Ausscheiden außerordentlich. Ich lege Wert darauf, das in öffentlicher Versammlung auszusprechen. Auch Herr Wietjes hat sich als sachlicher und unparteiischer und unbestechlicher Mitarbeiter erwiesen. Wir bedauern lebhaft auch sein Ausscheiden.
Meine Herren! Ich habe gestern zum Ausdruck gebracht, daß wir bereit sind, den neuen Bürgermeister einstimmig mitzuwählen, wenn Herr Zahrt oder Herr Nowak dieses Amt bekleiden. Wir haben weiterhin erklärt, daß wir um des Friedens willen und im Interesse einer gedeihlichen Zusammenarbeit, die für die gesamte Einwohnerschaft unerläßlich notwendig ist, auch bereit wären, Herrn Klennert als Bürgermeister zu wählen, obwohl wir dadurch gegenüber weiten Kreisen der Bürgerschaft nach Mitteilungen, die uns zugegangen sind, in ernst Gewissenskonflikte geraten. Wir haben im Interesse des Burgfriedens geglaubt, darüber hinwegsehen zu müssen und die Hand gereicht. Wir haben jedoch gebeten, in diesem Falle auch uns Zugeständnisse persönlicher Art zu machen und unsere Kandidaten anzuerkennen. Man hat bedauert, aus grundsätzlichen Erwägungen dieser Bitte nicht entsprechen zu können.
Meine Herren! Wir bedauern das alles sehr. Wir bedauern, unter diesen Umständen Zurückhaltung üben und unsere Entscheidungen nach eigenem Ermessen treffen zu müssen, um nach diesen Vorgängen von unserer eigenen Wählerschaft nicht mißverstanden zu werden. Wir bedauern, unter diesen Umständen befürchten zu müssen, daß Sie beabsichtigen, die Vorteile der Majorität uneingeschränkt wahrzunehmen und den bürgerlichen Einfluß auch da auszuschalten, wo er zu wertvoller Mitarbeit berufen wäre. Wir bedauern das, meine Herren! Denn eine gedeihliche Zusammenarbeit wird dadurch von vornherein gefährdet. Daß Sie Ihre Vorteile wahrnehmen, das ist Ihr gutes Recht, das Ihnen niemand absprechen wird. Aber Sie dürfen auch uns nicht verübeln, daß wir die Wünsche und Interessen unserer Wählerschaft berücksichtigen und daß wir nicht in der Lage sind, gedeihlich im Interesse der Einwohnerschaft zusammenzuarbeiten, wenn Sie uns das unnötig erschweren.
Wir halten Fest an unserem Programm, dass wir nur eine gesunde Borkumer Wirtschaftspolitik verfolgen, die der gesamten Einwohnerschaft zugute kommt, jedoch keine Parteipolitik und vor allem keine Personalpolitik. Wenn Sie in diesem Sinne die Türen geöffnet lassen, halten wir auch jetzt noch eine friedliche und gedeihliche Zusammenarbeit für möglich, aber nicht im Sinne eines Zwanges oder eines Diktats, sondern ausschließlich im Sinne einer sachlichen und verständnisvollen Zusammenarbeit.
Diese Fassung ist unverändert und wurde nicht an die geltende Rechtschreibung angepasst.