Kindheit & Ausbildung

Jan Müller wurde am 21. Januar 1887 als Sohn des Sielwärters Gerhard Müller und dessen Frau Swantje (geb. Althoff) im Sielhaus von Pogum im Rheiderland geboren.¹ Seine Mutter verstarb am 1. Februar in Folge der Geburt, weshalb er bei seinen Großeltern väterlicherseits in Coldeborgersiel aufwuchs. Benannt wurde er nach seinem Großvater. Müller besuchte die Volksschule in Critzum.

Er besuchte zunächst die Präparandenanstalt und begann zu Ostern 1904 das dreijährige Königliche Evangelische Schullehrerseminar in Aurich, das er mit der ersten Lehrerprüfung am 2. März 1907 mit überwiegend genügenden, lediglich im Violinspiel und Gesang nicht genügenden Leistungen abschloss. Seine besten Ergebnisse hatte er in Geometrie und Geografie.

Als Schulamtsbewerber nahm er ab dem 1. April 1907 die erste ihm zugewiesene Stelle in Stapelmoorheide an. An der dortigen Volksschule war er für ein Jahr bis zum 31. März 1908 kommissarisch als dritter Lehrer tätig. Vom 1. April 1908 bis zum 31. März 1909 absolvierte er den Wehrdienst im Hannoverschen Infanterie-Regiment Nr. 74. Zum 1. April 1909 wurde er als kommissarischer zweiter Lehrer nach Lüdstede (Neuschoo) berufen. Am 1. Mai 1909 wurde er vereidigt.

Am 17. Dezember 1910 heiratete Müller Gretchen Knoop (* 25.07.1886 Aurich; † 19.11.1941 Norderney) in Aurich. Ihr erstes Kind, Gerhard Müller, wurde am 22. Dezember 1911 in Terborg geboren.

Ab dem 1. Januar 1910 wurde Müller – zunächst einstweilig, nach bestandener zweiter Lehrerprüfung am 24. Juni, dann ab Oktober 1910 endgültig – als alleiniger Lehrer der einklassigen Volksschule in Terborg angestellt. Dort war er bis zum 31. März 1919 tätig und absolvierte währenddessen, am 26. Oktober 1917, die Prüfung als Mittelschullehrer. Er war kein Soldat im Ersten Weltkrieg.

Weimarer Republik

Zum 1. April 1919 wurde Müller beauftragt, kommissarisch die Rektorenstelle an der Volksschule Borkum zu übernehmen. Nach neuem Weimarer Recht wurde er am 31. März 1920 als preußischer Staatsbeamter vereidigt. Am 19. Mai 1920 bestand er die Rektorenprüfung und wurde daraufhin endgültig auf Lebenszeit in dieser Position angestellt.

Am 24. Mai 1919 wurde sein zweiter Sohn Enno Müller in Borkum geboren.

Kraft Amtes wurde Müller Vorsitzender des Schulvorstandes und Mitglied der Schulkommission des Gemeindeausschusses.

Mit der Gemeindewahl vom 4. Mai 1924 – bei der Müller auf dem dritten Platz der parteiunabhängigen Wirtschaftsliste, der auch Ludwig Münchmeyer angehörte, kandidierte – begann seine politische Laufbahn. Er wurde Mitglied des Gemeindeausschusses, des Finanzausschusses, der Badedirektion und des Vermögenssteuerausschusses.²

In der zweiten Jahreshälfte 1925, nachdem Münchmeyer und einige weitere Mitglieder seiner Liste der NSDAP beigetreten waren, distanzierte sich Müller von seiner bisherigen politischen Gruppe. Beeinflusst wurde er, zu dieser Zeit des sich anbahnenden „Münchmeyer-Prozesses“, von der öffentlichen Kampagne Rudolf Benschs und Albrecht Völkleins gegen den Antisemiten Münchmeyer. Müller legte schließlich sein Mandat als Mitglied des Gemeindeausschusses und der Badekommission am 9. Januar 1926 nieder und trat auch aus anderen der völkischen Bewegung nahestehenden Organisationen, etwa dem Borkumer Kriegerverein, aus. Danach näherte er sich politisch zunächst der DDP und danach der SPD an, dessen Mitglied er dann zum 1. April 1929 wurde.

Am 17. November 1929 trat Müller erneut erfolgreich – diesmal auf der Liste der SPD – bei der Wahl zum Gemeindeausschuss an. Ein parteiischer, die SPD diffamierender Bericht der Borkumer Zeitung vom Vortag der Wahl schloss mit den drohenden Worten: „Jan kehr um, sonst kann ‘t Mundje maken, dat M… Haue kriegt.“³

Intrigen der NSDAP

Am 3. Mai 1930 erhielt Regierungspräsident Jann Berghaus ein anonymes Schreiben, das ihn aufforderte, gegenüber Müller als Rektor einzuschreiten, damit „endlich einmal der Anstand wiederkehrt“ und Müller aufgrund wiederholter unehelicher Beziehungen nicht die Kinder verderbe. Der Verfasser, nach eigener Aussage Vater, führte aus, dass Müller bereits zuvor ein Verhältnis mit der Witwe Anna Lenk gehabt habe, mit der er in den Dünen von Söhnen des Zeltvermieters Akkermann erwischt worden sei. Zum aktuellen Zeitpunkt habe er mit der geschiedenen Frau Landsberg eine heimliche Beziehung. Zudem sei Müller mehrmals in der Vergangenheit morgens alkoholisiert in den Dienst gekommen. Diese Zustände seien allgemein bekannt: „Jedes Kind weiss hier was mit ihm los ist“. Der Verfasser erklärte, seinen Namen nicht zu nennen, da er ansonsten „als Geschäftsmann sofort erledigt“ sei. Berghaus wies den Bezirkslehrerverein Ostfriesland an, die Vorwürfe zu prüfen.

In einer schriftlichen Stellungnahme wies Müller alle Vorwürfe zurück und legte dar, dass Frau Lenk die Tochter seiner früheren Vermieterin Maike Teerling wäre und sich zwischen den Familien ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt habe. Bei den Treffen habe es sich demnach lediglich um Spaziergänge gehandelt. Nachdem ihm diese Gerüchte zugetragen wurden, habe er „daraus die Folgerung gezogen, mit der Frau Lenk mich nur noch sehen zu lassen in Begleitung meiner Frau.“ Auch gegen den Vorwurf der Trunkenheit während der Arbeitszeit verwehrte er sich: „Zum Zeugen führe ich an mein gesamtes Kollegium.“ Auch generelle Vorwürfe des Alkoholismus seien fernliegend, dies könne Bürgermeister Kieviet – mit dem er oft ausgehe – bezeugen. Zu Frau Landsberg habe er durch die gemeinsame Parteiarbeit in der SPD häufigen Kontakt gehabt. So habe er durch Schulkinder mehrmals an Landsberg Briefe zustellen lassen, die diesen Verdacht aufbrachten. Landsberg sei allerdings Mitglied des Vorstandes des SPD-Ortsvereins, weshalb ihr Einladungen zu Vorstands- und Fraktionssitzungen zugestellt worden seien. Auch habe sie an einem Bootsausflug seiner Klasse als Aufsichtsperson teilgenommen. Entgegen der Behauptung habe sie ihn allerdings nicht auf eine Presseveranstaltung für Borkum nach Berlin begleitet, sondern sei zusammen mit dem Badedirektor und aus anderen Gründen nach Berlin gereist.

Der Prüfer stellte in seinem abschließenden Bericht vom 12. Dezember 1930 fest, dass etwaige Vorgänge an der Schule unbekannt seien und „parteipolitische Gegensätze, die auf Borkum bekanntlich zu scharfen Auseinandersetzungen und zu gegenseitigen Anfeindungen geführt haben, in den Beschuldigungen […] eine nicht unwesentliche Rolle spielen“. Demnach habe Müller, da er zunächst in einer Bürgerbewegung mitwirkte, der auch völkische Mitglieder wie Ludwig Münchmeyer angehörten, dann aber in die SPD übergetreten ist, den Hass der Nationalsozialisten auf sich gezogen. Es sei ihm plausibel, dass Müller der NSDAP missliebig sei, da sie ihn für den „geistigen Führer der SPD“ halte und daher versuche ihn abzusetzen. Er stützte seine Erkenntnisse u. a. auf Kommunikation zwischen der NSDAP und dem Stahlhelmbund wonach belastendes Material gegen Müller gesammelt werde. Außerdem vermutete die – einer baldigen Absetzung von Müller sowie Landrat Bubert (SPD) zuversichtlich gegenüberstehende – NSDAP, Müller als Einsender einer Zeitungsanzeige, die „alle anständigen Borkumer“ aufgefordert hatte, einer NSDAP-Veranstaltung fernzubleiben. Müller sei darüber hinaus bereits mehrfach Opfer nationalsozialistischer Anfeindungen und Angriffe gewesen, unter anderem wurden nachts seine Fensterschreiben zerstört und ihm sei nach der Rückkehr von einer Reise „Sie hätten mir gleich 2000 Juden mitbringen sollen“ zugerufen worden.

Eine aufsichtsbehördliche Besichtigung der Volksschule beschied Müller als „bewährte Lehrkraft mit gutem Unterrichtsgeschick“ im Juni 1932 noch „voll befriedigende Ergebnisse“.

Nationalsozialismus

Müllers Mandat als Gemeindevertreter endete vorzeitig mit der am 8. Februar 1933 im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung verordneten Auflösung der kommunalen Vertretungen.

Unter Vorsitz Müllers lehnte die Lehrerkonferenz der Volksschule noch am 7. März 1933 den Antrag der NSDAP ab, auf dem Schulgelände die Hakenkreuzflagge zu hissen, was die NSDAP als weiteren Beweis für Müllers „politische Unzuverlässigkeit“ im Nationalsozialismus ansah.

Bei der Gemeindewahl am 12. März 1933 kandidierte Müller erfolgreich auf dem zweiten Listenplatz der SPD. Bewogen durch vorausgegangene Einschüchterungsangriffe der SA und die absolute Mehrheit der NSDAP lehnte Müller sein Mandat ab und erklärte zwei Tage später seinen Parteiaustritt.⁴ Um der Verfolgung zu entgehen und seine berufliche Stellung nicht zu gefährden, beantragte Müller die Aufnahme in die NSDAP, die von der Ortsgruppe abgelehnt wurde.

Versetzungsverfahren

Nach der Machtergreifung begannen die NSDAP-Ortsgruppenleitung, Gemeindevorsteher Mertes, der Schulrat des Regierungsbezirks sowie die NS-Beamtenabteilung des Gaus Weser-Ems teilweise unabhängig voneinander auf eine Versetzung Müllers hinzuwirken. Alle verwiesen auf politische Unzuverlässigkeit durch Müllers Arbeit innerhalb der SPD und gute Kontakte zu Funktionären der Partei, insbesondere zu Landrat Bubert, sowie Müllers bisheriges Eintreten für die demokratische Republik.

Nach Inkrafttreten des Gesetztes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wandte sich Ortsgruppenleiter Jan Akkermann an die NS-Beamtenabteilung und empfahl Müller an einen Ort mit Aufsichtsbehörde auf dem Festland zu versetzen, da infolge der insularen Lage ein Schulleiter mit NSDAP-Mitgliedschaft benötigt würde.

Am 11. Juli 1933 trafen sich NSDAP-Ortsgruppenleiter Akkermann und NSDAP-Fraktionsführer Georg Hofferbert mit der NSDAP-Beamtenabteilung der Bezirksleitung Ostfriesland, um über mögliche politische Säuberungen auf Grundlage des Gesetztes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zu beraten. Dort wurde Belastungsmaterial ausgewertet und die Entscheidung getroffen, für die Beamten Wilhelm Kruse und Jan Müller die Entlassung oder Versetzung zu erreichen. Gemeindevorsteher Mertes unterstützte die Pläne. Am 5. Mai lehnte Mertes in einer Mitteilung an den Schulrat in Leer noch ab, Müller mit sofortiger Wirkung zu beurlauben, da er dafür keine Grundlage sah. Er befürwortete allerdings eine beschleunigte Versetzung an eine andere Schule.

Der nationalsozialistische Auricher Regierungsschulrat Konopka griff die Vorwürfe aus den Vorjahren gegen Müller erneut auf und bereitete im Zuge politischer Säuberungen ein Versetzungsverfahren vor. Nach seinem Bericht vom 30. Juni 1933 erklärte der NS-Personalausschuss, dass die Entfernung Müllers aus dem Amt und die Versetzung an einen anderen Ort notwendig sei. Konopka schlug vor, Müller nach Weener oder alternativ als Hauptlehrer nach Rechtsupweg zu versetzen. Zeitgleich begann das Verfahren zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ gegen Müller.

Da sich der preußische Innenminister allerdings vorbehielt, alle in Betracht kommenden Versetzungen selbst zu beschließen, wirkten die Bezirksregierung, zusammen mit der NSDAP-Ortsgruppe und der Gauleitung Weser-Ems sowie Gemeindevorsteher Mertes diesbezüglich auf ihn ein. Sie erklärten, dass „gegen Rektor Müller […] eine derartige politische Belastung“ bestünde, dass „sein Verbleiben auf der Insel Borkum nicht mehr möglich“ wäre. Sie führten Zeugenberichte von NSDAP-Mitgliedern aus dem Mai 1933 an, nach denen Müller erneut in der Schule stark alkoholisiert angetroffen worden und ohne Begründung dem Dienst ferngeblieben sein soll. Außerdem habe er eine Lehrerin im Schulflur umarmt, was als Beweis für frühere Affären gewertet werden sollte. Weigerungen zur Stellungnahme von Personen aus Müllers Umfeld wurden als Indizien gewertet. Konfrontiert mit den Vorwürfen, gab Müller eine eidesstattliche Erklärung ab, in der er die Vorwürfe über intime Verhältnisse und Dienstverstöße dementierte. Auf Vorwürfe aus der Elternschaft, dass er nicht weiter tragbar sei, erklärte er: „Ich bin entgegengesetzer Auffassung und glaube, daß über 3/4 der Eltern und Einwohner hinter mir stehen.“ Er versuchte, ebenso wie Fritz Klennert zur gleichen Zeit, seine bisherige politische Arbeit zu bagatellisieren und erklärte, aufgrund von Unzufriedenheit mit der Entwicklung der SPD ausgetreten zu sein, da er davon überzeugt sei, dass „die NSDAP eine Bewegung ist, in der ich meine Ideale verwirklicht finde“. Er betonte, bis zu seinem Austritt eine aktive Mitgliedschaft im Kriegerverein gehabt zu haben und lediglich ausgetreten zu sein, um Mitgliedsbeiträge zu sparen. Außerdem wolle er zum Ausdruck bringen, „daß Mitglied, der Ortsgruppe Borkum der SPD nicht gleich zu setzen ist mit Sozialdemokat schlechthin.“ Nie habe er dort eine führende Rolle eingenommen und sein Sohn Gerhard sei mit seinem „Wissen und Einverständnis“ Mitglied der NSDAP und SA. Er bat darum, im Falle einer Versetzung, außerhalb Ostfrieslands zu arbeiten, wo sein Sohn Enno die Möglichkeit haben würde, eine höhere Schule zu besuchen.

In mehreren Schreiben wandte sich der Drogist Albert A. Bakker (NSDAP) an die Bezirksregierung im klaren Gegensatz zur Position der Ortsgruppenleitung, vor allem des Ortsgruppenleiters Akkermann. Darin beschwichtigte er, wie Müller selbst, und betonte dessen fehlende parteipolitische Überzeugung und geringen Einfluss auf die politischen Verhältnisse. Müller habe lediglich in der Sache gearbeitet: „Müller war im Grunde genommen kein Sozialdemokrat“, sondern habe „das Zeug zu einem guten Nationalsozialisten“. Es gebe mehrere Entlastungszeugen innerhalb der NSDAP, die dem beistimmen würden. Die Bezirksregierung hat dem Schreiben sowie Müllers eigenen Äußerungen keine Bedeutung beigemessen.

Am 23. August 1933 wurde Müller durch den preußischen Kultusminister mit Wirkung vom 1. Oktober nach § 5 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in eine Lehrerstelle an die Volksschule Norderney versetzt, behielt aber seinen Rektorentitel und die dazugehörigen Bezüge.

Lehrer auf Norderney

Müller wurde am 30.08.1934 in Norderney vereidigt.

Sein älterer Sohn Gerhard Müller studierte in Göttingen Rechtswissenschaften und wurde Mitglied der NSDAP.

Bei einer Unterrichtsbesichtigung am 20. November 1936 protokollierte Kreisschulrat Heinrich Kohlmeyer: „Sein Unterricht findet nicht die Auswertung, die nach nationalsozialistischen Grundsätzen nötig wäre. Die Klasse in der Müller den Geschichtsunterricht erteilt, hat derart mangelhafte Geschichtskenntnisse, daß ich anordnen würde, ihm den Unterricht in Geschichte abzunehmen.“

Bei einer Unterrichtsbesichtigung am 14. Mai 1938 protokollierte Kohlmeyer: „Sein Geschichtsunterricht ist nicht straff genug nach rassischen Gesichtspunkten ausgerichtet. Der Rektor versucht jedoch, einen klaren Standpunkt zu gewinnen.“ Am 2. November vermerkte er „Er könnte noch mehr die Selbstständigkeit der Kinder anregen. Die Geschehnisse der neuen Zeit müssten die Kinder viel selbstständiger auswerten.“ Am 7. März 1940 vermerkte er: „Der Rektor hat zielbewusst gearbeitet. Trotz des Unterrichtsausfalls ist das Ziel der Schule erreicht worden. Vor allem ist eine gründliche Übung betrieben worden. Die Leistungen der Kinder sind sehr befriedigend.“

Im Oktober 1941 bestanden kurzzeitig Pläne, Müller an eine deutsche Schule in den Niederlanden zu versetzen, von denen dann Abstand genommen wurde: „Wenn Müller sich in den letzten Jahren seit der Machtübernahme auch bemüht haben mag, sich umzustellen, so scheint er mir doch als Vertreter des Deutschtums in den Niederlanden nicht geeignet zu sein.“

Am 19. November 1941 verstarb seine Frau Gretchen Müller. Am 6. Januar 1943 heiratete er dann Anna Klaasina Lenk (geb. Teerling) in Borkum.⁵

Müller war kein Soldat im Zweiten Weltkrieg.

Nachkriegszeit & Bundesrepublik

Am 31. August 1945 wurde Müller im Zuge der Entnazifizierung bis auf Weiteres vom Regierungspräsidenten aus seinem Amt entlassen. Johann Zahrt, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Borkum, wandte sich am 7. März 1946 im Namen des Vorstandes in einem Schreiben an Regierungs- und Schulrat Bibow. Darin sprach er sein Bedauern über die ausbleibende Wiedereinstellung Müllers in den Schuldienst aus und bürgte für seine Zuverlässigkeit: „Herr Müller hat in [der Zeit des Nationalsozialismus], bei seinen gelegentlichen Ferienbesuchen, uns gegenüber immer wieder seine demokratische Einstellung betont und mit uns auf einen baldigen Zusammenbruch des Naziregimes gehofft.“ Er bat, Müller wieder in die Rektorenstelle der Borkumer Volksschule einzusetzen, die dringende Besetzung benötige. Bibow erklärte, das Vorhaben wohlwollend zu unterstützen. Am 6. August wandte sich Müller an Bürgermeister Byl und bat den Rat, bei der Schulaufsicht seine Wiedereinstellung zu beantragen. Dieser hatte zwar nach Beschluss vom 19. Juli bereits den Lehrer Wilhelm Rullmann dafür in Vorschlag gebracht, allerdings wurde sich seitens der Schulbehörde für Müller entschieden.²

Am 6. Dezember 1946 wurde Müllers Berufung gegen seine Entlassung von der Militärregierung stattgegeben und nach seinem Umzug nach Borkum wurde ihm zum 20. Dezember wieder das Rektorenamt an der Volksschule Borkum übertragen. Er begann seinen Dienst am 7. Januar 1947.

In einem Revisionsbericht aus dem Juni 1948 wurde Müller eine gute Bewertung ausgestellt: „Die Kinder beherrschen den Stoff; sie machen einen sehr disziplinierten Eindruck. Von ihnen können unter der Leitung ihres tüchtigen Lehrers noch einmal Höchstleistungen erwartet werden.“

Müller wurde wieder Mitglied der SPD und trat am 28. November 1948 erfolgreich für die SPD bei der Ratswahl an.⁴

Der Entnazifizierungshauptausschuss Norden stellte das Entnazifizierungsverfahren gegen Müller am 14. Januar 1949 ein, da das Entnazifizierungsrecht auf ihn keine Anwendung fand (Kategorie 0 = nicht betroffen).

Am 20. Dezember 1949 wurde Müller in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit des Landes Niedersachsen berufen. Zum 1. April 1952 trat Müller aufgrund Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand.

Bei der Ratswahl am 9. November 1952 wurde Müller erneut für die SPD in den Rat der Stadt gewählt. Sein Sohn Gerhard Müller, inzwischen Anwalt und Auktionator, wurde für die FDP Mitglied des Rates.²

Müller stellte einen Antrag nach dem Bundesgesetz zur Wiedergutmachung im öffentlichen Dienst. Er beantragte Entschädigungen für höhere Mietkosten auf Norderney, die Umzugskosten sowie die fehlenden Dienstbezüge nach seiner Entlassung 1945 bis 1946. Eine etwaige Wiedergutmachungspflicht hätte das Land Niedersachsen getroffen, weshalb der Antrag dem niedersächsischen Kultusminister zur Entscheidung vorgelegt wurde. Am 26. Januar 1954 erging dessen Wiedergutmachungsbescheid, in dem Müllers Ansprüche zurückgewiesen und der Antrag abgelehnt wurden. Der Minister nahm keine Stellung dazu, ob Müllers Schädigung durch den Nationalsozialismus zutreffend sei, sondern stellte lediglich fest, dass eine solche Entschädigung im Rahmen dieses Gesetzes nicht zulässig wäre.

1952 bis zur Wahl Theodor Speers war Müller Kurdirektor. Am 8. Juni 1953 bis zu seinem Tod übernahm Müller die Leitung der Lagerschule Borkum-Reede für Kinder Geflüchteter.⁶

Am 13. April 1956 verstarb Jan Müller auf dem Weg zur Lagerschule im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt.^{3, 5} Er wurde auf dem reformierten Friedhof beigesetzt.